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Jura

Die Jura von Vinxel

Forderung der Vinxeler Junggesellen am Hochzeitsabend an den Bräutigam

Bei der Jura, auch Jür oder Hielich genannt, handelt es sich sicherlich um einen sehr alten Brauch. Im Volkskundewörterbuch von Körner heißt es, dass Hielich Verlobung bedeutet. Altes "hi-leich" bedeutet Ehelied, dem Brautpaar zu Ehren ein Lied singen. Leich heißt Lied. Es stellte sich im 16. Jahrhundert eine Umstellung von Hillich zu Ehelich ein.

Bereits in der Vinxeler Gemeindeordnung war der Zuzug von Auswärtigen nach Vinxel mit einer Kaution belegt, es heißt:
"Heuth dato 1767 haben wir ernennde Nachbahr uns ihn der Honschaft Vintzel vereinbahret das wir wan einer außwendig in die Honnschaft einziegen oder dar ihnen wohnen wild alß dan solle derselbige erstlich den Nachbahren vor 50 Thaller Caution stellen oder welicher dem selbigen den Aufenndhald geben ferner solle derjenige welicher bey unß Nachbahr werden wild soll vor sein Nachbahr Richt zum ersten den Nachbahr fuhren ad zehen rh per rh 80 alb gerechnet war nach sich ein jeder zu achten hadt also geschriebe wie auch mit der insgesambt Nachbahren untterschrieben zu Vintzel 12ten July 1767 Martin Murer Geschworen".

Ähnliches findet sich im Brauchtum der Junggesellen in unserem Jahrhundert wieder. Auswärtige Freier mußten gegenüber der Dorfjugend zu den verschiedensten Anlässen ihren Obulus entrichten, so zum Beispiel im Zusammenhang mit den Maibräuchen und bei Kirmesbällen. Kurzum gesagt, ein auswärtiger Freier musste sich zu allen möglichen Anlässen das ganze Jahr über gegenüber der männlichen Dorfjugend erkenntlich zeigen, um ungestört freien zu können. Lange bevor Polterabende modern wurden, erfolgte durch Forderung der Jura am Hochzeitsabend die Abtretung aller Rechte an den Bräutigam. So zogen dann die Vinxeler Junggesellen geschlossen, mit Fändel und Sankt Sebastianusstab, in den Raum der Hochzeitsgesellschaft ein, um ihre Forderungen zu stellen.

Heute wird die Jura nur noch bei Heirat eines Junggesellen vorgetragen.

Der Wortlaut der Jura

Seid gegrüßt, ihr Damen und Herren dieser hochwerten Gesellschaft.
Wir Vinxeler Junggesellen sind so frei, betreten dieses Haus,
und fordern Braut und Bräutigam heraus.
Wir kommen nicht mit Prügel und mit Prangen,
nicht mit Ketten und Bändern, sondern mit dem St. Sebastianusstab,
womit wir die Macht haben, zu fordern die Jura.
Stellen Sie uns nun Braut und Bräutigam her,
so wollen wir sagen unser Begehr.

Guten Abend Herr Bräutigam, wohllöbliche Jungfrau Braut!
Sie haben es gewagt und uns nicht gefragt.
Seid in den schönsten Rosengarten eingedrungen,
und haben die schönste Rose herausgenommen,
die Ihnen konnte am besten gefallen,
denn ihre Wangen sind rot wie Korallen.
Und Sie erhalten eine Braut,
blühend wie eine Rose, zart wie ein Lämmlein
und dazu noch eine junge Jungfrau fein.
Doch ich getröste mich des Unterrichts.
Schenken Sie Wert meiner werten Aufmerksamkeit.
Bevor ich nun fortfahre,
bedarf ich einer besonderen Kraft, des Wein- oder Biergeistesund
ich möchte den Kellermeister bitten um einen anständigen Trunk.

Stiehle, piehle, öde, multes, instechtief.
Diese Worte, die ich hier auf Latein vorgetragen habe,
sind entnommen aus dem Buche Bachus, 35. Kapitel, 36. Vers.
Jetzt wollen wir anfangen mit Ihnen zu handeln
und ihre Strafe in Geld zu verwandeln.
Wir kommen nicht von ungefähr,
denn unsere Taschen die sind leer.
25 Franktaler, 12 Halbtaler und einen Sack voll Kleingeld,
dafür bekommen Sie, Herr Bräutigam, von uns Ihre Braut gestellt.
Wir machen nicht viel Spogamenten,
etwas Savoig mit jungen Enten,
etwas Bier auf den Salat und so viel Bier und Wein
wie eben möglich mag sein.
Sollte aber meine vorgetragene Strafe zu viel sein,
so wollen wir mit Ihnen akodieren
und auf Ihr Gutdünken eingehen.
Schenken Sie aber jedem meiner Kameraden
einen Taler und eine Flasche Wein,
so soll die Braut Euer sein.

Da Ihr einginget in den heiligen Stand,
wurdet Ihr Euch recht nahe verwandt.
Denn wer das Buch Bachus kennt, der weiß,
daß es dort heißt:
Mann und Weib
bilden zusammen einen Leib.
Wollt Ihr nun genießen des Himmels Segen,
so müßt Ihr Euch recht miteinander pflegen.
Meidet vor allem die Eifersucht,
so strömt auf Euch die Himmelssucht.
Vertraut auf Gott, den Herrn laßt walten,
so wird er Euch noch lange väterlich erhalten.
Knüpfet fest das Freundschaftsband,
legt Euren Strick in Gottes Hand.
Wenn dann auch des Erdballs Feste bricht,
so reißt doch Eure Liebe nicht.

Euch beide hat Gott der Herr beschieden,
von nun an sollt Ihr Euch beide lieben,
und Sie erziehn in Ihrem Schoß,
zwei Dutzend Söhne und Töchter groß,
laßt aber Eure Kinder gut unterrichten,
damit sie kommen zur Erkenntnis ihrer Pflichten,
denn ein goldner Kopf ist mehr wert als ein goldner Hut
und ein studierter Kopf ist mehr als Geld und Gut.
Der Weinstock gibt die Reben,
daraus quillt süßer Wein,
und wenn der Tod Euch raubt das Leben,
so hofft, wieder zusammen in einem anderen Leben zu sein.
Unter Rosen und Maltinen schlummere sanft Euer Leben dahin,
Freundschaft sei Euer Ruhekissen,
Tugend sei Eure Führerin,
keine Ader soll Euch schlagen,
wo Ihr nicht einander gedacht,
beide sollt Ihr Sorge tragen
bis in des Grabes finstre Nacht.

Jetzt sagen wir unseren Dank
für Speis und Trank,
und alles Geld
wir wünschen Euch das Beste auf der ganzen Welt.
Wir wünschen Euch zuerst eine gute Nacht,
aber nicht so eine wie mir,
sondern aus der man zwei - drei macht.
Solche Nächte wünscht man dem Knechte zwei,
der Magd drei bis ihrer vierundzwanzig sind,
das macht ein ganzes Hausgesind.
Möget Ihr aber Eure jungen Jahre
bis spät in die achtzig hinein versparen,
damit nach fünfzig vollen Jahren,
diesem Haus eine viel größere Freude wird wiederfahren,
seid heiter am Abend und fröhlich am Morgen,
so kommen Euch niemals bange Sorgen.
Und denkt oft mit heiterem Blick
an uns Vinxeler Junggesellen zurück.

Nun ade, Ihr Beiden,
jetzt wollen wir von Euch scheiden.
Bleibt gesund bis in alle Ewigkeit.

Sollte ich meine Sache aber nicht gut gemacht haben,
so dürft Ihr mir das nicht verdenken,
denn das würde mich ganz entsetzlich kränken,
denn gerade als ich diese Rede studiert,
hat mich ein junges Mädchen fixiert.
Ich möchte sagen, ich habe neben ihr gel........,
oh, pardon, gesessen
und habe das Weiterstudieren vergessen.

© Junggesellenverein Vinxel